Von Jesus und den Broten – Zwischen Konsumdenken und Anbetung
Jesus hat unglaubliche Wunder vollbracht, durch die er die physischen und psychischen Bedürfnisse seiner Mitmenschen gestillt hat. Darunter sicherlich auf der “Top 10” Liste die Speisung der 5000 mit nur fünf Broten und zwei Fischen. Viele Menschen, die erlebt haben, wie Jesus für sie und ihren Nächsten gesorgt hatte, kamen deshalb wiederholt zu ihm. Sie brachten ihre Freunde und Familienmitglieder, damit auch sie die Wunder Jesu sahen und selbst Heilung erlebten. Auch am Tag nach der Speisung der 5000 kamen viele zurück zu der Stelle, wo Jesus dieses Wunder vollbracht hatte, um noch einmal auf solch eine wundersame Art und Weise von ihm gespeist zu werden (Joh. 6, 22-26).
Zu einem gewissen Grade haben diese Menschen, die immer wieder die Strapazen auf sich nahmen, um Jesus ausfindig zu machen—beim Beispiel der Speisung der 5000 mussten sie einmal quer über den See Genezareth segeln, weil Jesus an dem ursprünglichen Ort der Speisung nicht mehr aufzufinden war—Glauben an Tage gelegt. Sie haben geglaubt, dass Jesus das, was er gestern getan hat, auch heute noch mal vollbringen kann. Sie haben geglaubt, dass für Jesus nichts unmöglich ist. Sie haben geglaubt, dass Jesus für sie sorgen kann. Es ist jedoch ein Glaube gefärbt vom Konsumdenken.
Und es ist genau dieser Glaube, den Jesus auf die Waagschale legt. Als die Menschen am Tag nach der Speisung noch einmal Jesus aufsuchten (Joh. 6, 22-26), macht er ihnen den folgenden Vorwurf: “Ich habe es euch gesagt, dass ihr mich gesehen habt und doch nicht glaubt” (6, 36). Und so benutzt Jesus die Gelegenheit, um den Menschen, die jetzt wieder Hunger bekommen haben und wieder von ihm gespeist werden wollen, aufzuzeigen, was wahrer Glaube ist. Er sagt zu ihnen: “Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der Menschensohn geben” (6, 27) und “Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten” (6, 35). Jesus versucht den hungrigen Menschen zu erklären, dass wenn sie wahren Glauben hätten, sie Jesus nach etwas viel bedeutenderem und wichtigeren fragen würden, als lediglich nach Broten und Fischen, die wieder nur vorübergehend ihren Hunger stillen würden.
Jesus ist nicht in die Welt gekommen, um Konsumenten ihre physischen und psychischen Bedürfnisse zu stillen. Er ist nicht gekommen, um als Talisman für den Menschen vor Gott zu dienen, damit menschliche Wünsche erfüllt werden. Nein, er ist in die Welt gekommen, um den Menschen zurück zu Gott zu bringen und damit seine tiefsten Sehnsüchte zu stillen. Er ist gekommen, um den Menschen zum Anbeter zu machen. Deshalb ist auch wahrer Glaube, wie Jesus ihn hier im Johannes Evangelium beschreibt, nicht lediglich ein zu ihm Kommen, um psychologische und physische Sehnsüchte gestillt zu bekommen. Nein, wahrer Glaube ist ein zu ihm Kommen, um in ihm die eigenen Sehnsüchte gestillt zu bekommen. John Piper bringt diesen Gedanken wie folgt auf den Punkt: “Glauben ist zufrieden zu sein mit allem, was Gott für uns in Jesus Christus sein will”. In den Worten von Johannes 6 würde das bedeutet, Jesus als das “Brot des Lebens” zu erleben. John MacArthur definiert wahren Glauben ganz ähnlich: “Glaube ist zufrieden zu sein mit Christus”. Wahrer Glaube zeigt sich also darin, nicht länger als Konsument zu Gott zu kommen, sondern als Anbeter, der den Wert und die Größe Jesu Christi für sein Leben erkannt hat.
Der amerikanische Theologe Davids Wells hat sich in unterschiedlichen Büchern ausführlich mit dem gegenwärtigen Zustand der evangelikalen Gemeinde im Westen beschäftig und zeigt auf, wie das postmoderne Denken der Welt auch Einzug in die Gemeinde Jesus Christi gehalten hat. In seinem Buch God in the Wasteland zeigt er auf, wie auch das Konsumdenken der Welt Einzug in die Gemeinde gehalten hat. Sehr schön beschreibt er den einzigen Weg, der wieder zurück zum wahren Glauben führt:
“Wir werden nicht in der Lage sein, die Vision und die Erkenntnis von Gottes Größe und Erhabenheit wieder herzustellen, bis wir unser Selbstverständnis als Geschöpfe wiederentdecken, die geschaffen wurden diese Erhabenheit [und Größe] zu erkennen. Dieses muss mit dem Wiederentdecken des Konzepts anfangen, dass als Geschöpfe im Ebenbild Gottes wir im Wesentlichen moralische Wesen und nicht Konsumenten sind, und dass die Befriedigung unser psychologischen Bedürfnisse an Bedeutung erblasst, wenn es mit dem fortdauernden Wert des Tuns von dem verglichen wird, was recht ist” (God in the Wasteland, 115; eigene Übersetzung).
Eben das ist es, was Jesus am Tag nach der Speisung der 5000 den Menschen versuchte mit dem Bild vom “Brot des Lebens” klar zu machen: Es gibt nichts erfüllenderes als in Anbetung und Verbundenheit mit Jesus Christus (vgl. Joh. 6, 56-57) das Leben auf ihn und seinen Plan für das eigene Leben auszurichten.
(Foto: Original uploader was Klaus Höpfner at de.wikipedia(Original text : Helge Höpfner) – Transfered from de.wikipedia (Original text : Fotoarchiv Höpfner). Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FD_1.jpg#/media/File:FD_1.jpg)