Eine gesunde Gemeindewahl
Nicht dass man in unseren Breitengraden groß wählerisch sein kann, aber worauf sollte man bei der Gemeindewahl achten (Gemeinde im Sinne von “Ortsgemeinde”, versteht sich)? Was macht eine Gemeinde aus, die für mich und meine Familie gut und gesund ist?
Für den einen ist die Musik und Anbetung ausschlaggebend. Und tatsächlich räumt das NT der Musik eine wichtige Rolle im Gottesdienst und Gemeindeleben ein (Kol. 3, 16; Eph. 5, 19; vgl. 1. Kor. 14, 26). Für einen anderen wiederum ist das Wichtigste das eigene Engagement: wo kann ich meine von Gott gegebenen Gaben einsetzen? Auch hierzu lehrt das NT so einiges, wenn es jedes Glied auffordert, mit seinen Gaben dem Leib als Ganzem zu dienen (1. Kor. 12, 7; Eph. 4, 12; 1. Pet. 4, 10). Für wieder einen anderen steht der Anschluss im Vordergrund: Wo sind andere Christen, die meinem Alter, meiner Lebenssituation oder vielleicht meinem ethnischen Hintergrund entsprechen und die deshalb am besten mit mir durchs Dick und Dünn des geistlichen Lebens gehen können? Auch dieses Prinzip ist nicht so ganz abwegig, da das NT die Gemeinde als einen Leib von Gliedern beschreibt, die miteinander leiden und sich miteinander freuen (1. Kor. 12, 26; Röm. 12, 15). So manch anderer hat vielleicht noch ganz andere Gründe für seine persönliche Gemeindewahl.
Auch wenn dies alles gute Aspekte und Anliegen für die persönliche Wahl einer passenden Ortsgemeinde sind, berühren sie doch noch nicht den Kern dessen, was eigentlich eine gesunde Gemeinde ausmacht—eine gesunde Gemeinde, in der man geistlich wachsen und noch mehr mit seinem ganzen Leben auf die Verherrlichung Gottes ausgerichtet werden kann. Denn das ist es doch, wozu ein jeder von uns die Gemeinde braucht, wie Eph. 4, 11-16 lehrt: (1.) Wachstum im Glauben (V. 13); (2.) zunehmende Erkenntnis Jesu Christi in seinem Wesen und seiner ganzen Herrlichkeit (V. 13); (3.) geistliche Reife (V. 13); (4.) Reife im Sinne von theologischem Unterscheidungsvermögen (V. 14); (5.) Wachstum in der Gottes- und Nächstenliebe (V. 15f.); und (6.) Ausrichtung unseres ganzen Lebens auf Jesus Christus (V. 15). [Eph. 4, 11-16 bedarf sicherlich einer noch genaueren Auslegung. Aber diese sechs Früchte einer gesunden Gemeinde ergeben sich schon aus dem oberflächlichen Lesen dieses Textes.]
Nun: gute Musik kann und soll zu diesem Wachstum beitragen. Der Einsatz der geistlichen Gaben jedes einzelnen Gemeindeglieds kann und soll zu diesem gemeinsamen und individuellen Heranreifen beitragen. Dass wir für einander da sind und einander auf dem Weg zur geistlichen Reife begleiten ist ein wahres Geschenk Gottes. Aber: wie kann dieser Wachstum stattfinden, wenn nicht das “Wort Christi reichlich” in und unter uns wohnt (Kol. 3, 16)? Wie kann jemand im Glauben wachsen, in der Erkenntnis Jesu Christi zunehmen, sich theologisches Unterscheidungsvermögen aneignen, lernen Gott und seinen Nächsten noch mehr zu lieben und sein ganzes Leben auf Jesus Christus ausrichten, wenn nicht das Wort Gottes eine zentrale Rolle in der Gemeinde einnimmt? Zeigt Eph. 4, 11-16 nicht eindeutig, dass die gesunde Wortverkündigung der zentrale Aspekt in der Gemeindewahl sein sollte?
Mark Dever und Paul Alexander bringen diese Zentralität des Wortes Gottes in der Gemeinde in ihrem Buch Der Weg zur authentischen Gemeinde sehr schön zum Ausdruck. In der Gemeinde wird die (1.) Bibel gelesen, (2.) gepredigt, (3.) gebetet, (4.) gesungen und (5.) bei den zwei Ordnungen (Taufe und Abendmahl) sichtbar gemacht [erschienen im 3L Verlag, 2011; S. 85-93]. Dieser Liste könnte noch (6.) hinzugefügt werden, dass die Bibel einander in persönlichen Beiträgen und Gesprächen zur Erbauung und Ermahnung und in Form von Zeugnissen mitgeteilt wird. Nur wenn Gottes Wort im Zentrum steht, ist gesundes Gemeindeleben gewährt.
Zurückkommend auf die anfängliche Frage: Was macht also eine Gemeinde aus, die für mich und meine Familie gut und gesund ist? Ich denke, das entscheidende Prinzip bei der persönlichen Beantwortung dieser Frage ist, welche Rolle das Wort Gottes und seine treue, relevante und klare Verkündigung in der Gemeinde, die zur Auswahl steht, hat. Denn nur Gottes Wort vermag das Wachstum zu vollbringen, durch das Gemeindeleben gefördert werden soll.
* Offensichtlich könnte zu diesem Thema noch viel mehr gesagt werden: Für weitere Gedankenanstöße verweise ich somit vorerst auf Mark Devers Bücher: 9 Merkmal einer gesunden Gemeinde (3L Verlag, 2009) und Was ist eine gesunde Gemeinde? (Cap Verlag, 2008).