Paul Austerhuber hat viele Jahre Erfahrung in der lokalen Jugendarbeit und als ein langjähriger Leiter von ReachAUT viel Einblick in die christliche Jugendszene in Österreich. Er studiert am Institut für Theologie und Gemeindebau und ist in der Jugendarbeit am Land tätig. Wir haben mit ihm über seine Philosophie und Praxis, die Jugendarbeit betreffend, gesprochen.
Hallo Paul, danke, dass du dich bereit erklärt hast an diesem Interview teilzunehmen. Erzähle uns doch bitte kurz wie du zum Glauben gekommen bist und vielleicht auch was dich zur Jugendarbeit bewogen hat?
Ich bin zum Glauben gekommen, als ich 16 Jahre alt war. Ich bin nicht in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen und habe bevor ich Jesus kennen gelernt habe wenig vom christlichen Glauben gehalten. In dem Dorf in Oberösterreich aus dem ich komme, Sipbachzell, hat im Sommer 2006 eine Jugendevangelisation stattgefunden. Ich bin dort hingegangen, weil meine Freunde hingegangen sind und einige Wochen nach der Veranstaltung habe ich angefangen Jesus in mein Leben zu lassen. Ein Jahr nachdem ich gläubig geworden bin, habe ich dann angefangen Jugendarbeit zu machen. Ich wollte einerseits das weitergeben, was ich mit Jesus erlebt habe. Andererseits denke ich rückblickend, dass ich auch dachte, dass Gott das von mir erwarten würde.
Was ist deine Definition von Jugendarbeit?
In der Jugendarbeit geht es meiner Meinung nach darum Jugendliche zu fördern, damit sie zu reifen Persönlichkeiten werden. In der christlichen Jugendarbeit geht es also primär darum Jugendliche zu fördern reife Persönlichkeiten in Christus zu werden. Sie also zu Jüngern zu machen.
Was ist das Ziel der Jugendarbeit?
Das Ziel in der Jugendarbeit ist immer Jugendliche zu so reifen Christen zu erziehen, dass sie selbst anfangen Jünger zu machen. Man könnte auch sagen das Ziel ist sich selbst überflüssig zu machen. Jedoch nicht in dem Sinne, dass man dann als Jugendleiter nichts mehr tut, sondern neue Projekte initiiert.
Wo ist der Platz der Jugendarbeit im Gefüge von Gottesdienst, Bibelkreisen, Gebetskreisen und den diakonischen und evangelistischen Diensten der Gemeinde? Siehst du Spannungen mit der “Erwachsenen”-Gemeinde?
Die Jugendarbeit ist einer der Kernbereiche der Gemeindearbeit. Ohne Jugendarbeit wird eine Gemeinde über kurz oder lang ihre Dynamik verlieren, da es gerade die Jugendlichen sind, die kritisch hinterfragen und oft auf die kreativsten Ideen kommen.
In vielen Gemeinden findet die Jugendarbeit losgelöst vom restlichen Gemeindeleben statt. Das finde ich nicht gut. Eine gute Jugendarbeit ist mit der “Erwachsenen“-Gemeinde eng verknüpft. Es findet nicht nur Austausch statt, sondern Jugendliche und Erwachsene bilden als Gemeinde eine Einheit.
Du hast bereits in der Stadt und am Land Jugendarbeit gemacht. Wo siehst du Unterschiede und wo Gemeinsamkeiten?
Jugendarbeit ist von Kontext zu Kontext unterschiedlich. Es besteht nicht nur ein Unterschied zwischen Stadt und Land, sondern auch schon zwischen zum Beispiel Stadtteilen. Ganz allgemein kann man jedoch sagen, dass sich am Land der Traditionalismus länger gehalten hat. Die Menschen am Land haben noch eine gewisse Bindung an die Volkskirche. Das ist in der Stadt kaum noch der Fall. Jedoch ist dieser Umstand weder Vorteil noch Nachteil für die Jugendarbeit.
Egal ob man in der Stadt, oder am Land Jugendarbeit macht, in beiden Kontexten werden Jugendliche vom Evangelium angesprochen, wenn Gott wirken will.
Welche Elemente oder Veranstaltungen gehören deiner Meinung nach zum Grundgerüst der Jugendarbeit?
Eine gut funktionierende Jugendarbeit braucht eine Vielzahl von Angeboten, um Jugendliche in ihrer aktuellen Entwicklung im Glaubensleben zu fördern. Es braucht einerseits evangelistische Veranstaltungen, oder Einsätze, um kirchenferne Jugendliche zu erreichen. Dann ist es gut wöchentliche Treffen für am Glauben Interessierte und Bibelstudiengruppen für diejenigen, die Jesus nachfolgen, anzubieten. Darüberhinaus sollen Jugendliche ins Mitarbeiterteam integriert und MitarbeiterInnen gefördert werden.
Du warst im Rahmen von ReachAUT in ganz Österreich auf der Straße unterwegs, wo denkst du sind die jungen Menschen am offensten?
Wenn Gott wirkt sind sie offen. Also überall, wenn Gott es will.
Siehst du der Zukunft in Österreich nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Jugendarbeit eher positiv oder negativ entgegen? Welche Entwicklungen stimmen dich eher negativ und welche positiv?
Was mich nachdenklich stimmt in Bezug auf die Jugendarbeit ist, dass viele Jugendarbeiten „nur“ den natürlichen Gemeindenachwuchs betreuen. Nur wenige Jugendarbeiten erreichen außenstehende Jugendliche. Damit werden wir unserem Auftrag nicht gerecht. Jedoch gibt es da auch positive Gegenbeispiele. Das ermutigt mich.
Gibt es sonst noch wichtige Prinzipien die du uns mitgeben möchtest?
Das Wichtigste in der Jugendarbeit ist, dass JugendmitarbeiterInnen ihre eigene Begeisterung an Jesus aufrechterhalten. Das persönliche Glaubensleben des Jugendmitarbeiters/der Jugendmitarbeiterin ist der entscheidenste Faktor, wenn Jugendarbeit gelingen soll.
Gottes Behütung und reichen Segen für deine Arbeit und danke für das Gespräch.