Interview Hans-Werner Deppe

Im Jahr 2010 interviewte ich einige evangelikale Leiter zum Zustand der Kirche, Evangelium und persönlichem. Diese Interview Serie werde ich hier neu auflegen. Im heutigen Interview werden die alt bekannten Fragen an Hans-Werner Deppe, den Leiter des Betanien Verlags, gerichtet. Information zu seiner Person habe ich auf der CLV Seite gefunden:

Hans-Werner Deppe, Jahrgang 1968, wuchs in einem streng katholischen Elternhaus auf. Nachdem er während seines Informatik-Studiums 1993 zum lebendigen Glauben an Jesus Christus gefunden hatte, fand er im Umfeld der Brüderbewegung seine gemeindliche Heimat. Als Bücherwurm mit großer Vorliebe fürs Bibelstudium betätigte er sich als Mitarbeiter für den CLV, u.a. als Übersetzer englischer Bücher. 1999-2000 absolvierte er ein Gemeindemitarbeiter-Programm bei Jean Gibson in San Leandro, Kalifornien, und gründete im Jahr 2000 den Betanien Verlag, den er bis heute leitet. Hans-Werner Deppe lebt mit seiner Frau Sigrid und seinen beiden Söhnen in Oerlinghausen bei Bielefeld.

1. Was denkst du ist die größte Not der heutigen Kirche? (Antwort bitte in dem Bereich wo du Einsicht hast)
Die Not resultierte in der Geschichte immer aus einer Abkehr von Gottes Wort – das ist die Bibel (das muss man heute ja ergänzen, um anderen Verständnissen vom “Wort Gottes” zu entgegnen). Heute zeigt sich diese Abkehr besonders in der Offenheit für Mystik, Wissenschaftgläubigkeit, Humanismus und oberflächlich-gleichgültigem Ökumenismus. Die massive Abkehr von gesunder Lehre führt zu einem zutiefst ungesundem Glauben und folglich auch zu einem rasanten moralischen Niedergang – der in der heutigen Gesellschaft natürlich den passenden Nährboden findet: Kurz: Die Anfeindungsmacht der Welt ist stark wie noch nie, und der Großteil der Christenheit ist aufgrund geistlicher Unterernähung so schwach wie noch nie diesem ausgeliefert.Bekannt, aber doch immer wieder besorgniserregend ist die Tatsache, dass die Verführung durch Machteliten im christlichen Gewand geschieht. Das war schon in der Frühzeit der Kirchengeschichte beim Katholizismus so, und auch im heutigen Evangelikalismus bildet sich immer mehr eine Machtelite des Abfalls.
2. Was ist die Lösung dafür?

Buße und Hinwendung zum Wort Gottes. “Naht euch Gott und er wird sich euch nahen” (Jak 4,8) ist kein Aufruf zu mystischer Gotteserfahrung, sondern der Bußruf an im Straucheln begriffene oder womöglich noch gar nicht bekehrte Christen. Das Wort Gottes muss in Klarheit verkündet werden: persönlich, in den Gemeinden, von den Verlagen, Bibelschulen, Verantwortungsträgern und auf alle mögliche Weise. Wir dürfen aber nicht zu stolze Großvisionen haben, sondern sollten auch damit rechnen, dass heute ein “Tag der kleinen Dinge” ist und uns über jede einzelne Bekehrung und vereinzeltes geistliches Interesse bei jungen Leuten etc. freuen.

3. Welche 5 Bücher haben dich am meisten im Glauben weitergebracht oder beeinflusst und warum? (neben der Bibel)

Das ist nicht so einfach zu sagen, da ich weder ein Bewertungssystem noch ganz klare Favoriten habe :-) Zu den mir wichtigsten Büchern zählen unter anderem Pink: “Die Souveränität Gottes”, Boice/Ryken: “Die Lehren der Gnade”, Kaiser: “Christus allein” und Pink: “Was ist rettender Glaube?” (obwohl es einige exegetische Schwächen enthält). Außerdem haben mich Kommentare über die Offenbarung von William Hendriksen (“More than Conquerors”) und Gregory Beale (aus der NIGTC-Serie) sehr gestärkt (die Offenbarung ist das Glaubensstärkungsbuch schlechthin). An Biografien möchte ich auf Spugeon hinweisen: seine Autobiografie “Alles zur Ehre Gottes” und von Iain Murray: “Spurgeon wie ihn keiner kennt.

4. Wo sind für dich Grenzen der Einheit unter “bekennenden” Christen (Wo fängt Irrlehre an und was sind Auslegungsspielräume)?
Da müsste man erstmal den Begriff “Einheit” klären. Ist die Einheit der Ortsgemeinde gemeint oder eine Einheit der Zusammenarbeit z.B. in der Mission oder beim Aufbau einer christlichen Schule? Alle wiedergeborenen Christen sind sowieso eine Einheit, und die nicht wiedergeborenen gehören nicht dazu. Das ist der wichtige Grundsatz. Zu den wirklich Gläubigen sollte man immer die Einheit suchen – außer bei Gemeindezucht -, also wenn Irrtümer, fehlende Erkenntnis und moralisches Versagen vorliegen, sich um Korrektur bemühen. In der Ortsgemeinde ist es wohl so, dass die Abkehr von Gottes Wort es begünstigt, dass Nicht-Wiedergeborene sich anschließen und die Gemeinde beeinflussen. Das ist ein Spaltungsfaktor. Ich denke, dass eine klare Verkündigung des ganzen Evangeliums (z.B. im Römerbrief ausführlich dargelegt) vom Kern ausgehend den Spreu vom Weizen trennen würde, weil das Evangelium den Unbekehrten und Irrlehrern gegen den Strich geht. Wenn man wirklich an der absoluten alleinigen Autoriät der Schrift und dem ganzen Evangelium festhält, müsste das zu einer auch praktischen Einheit genügen. Wenn z.B. jemand ein humanistisch beeinflusstes Evangelium vertritt oder eine mystisch geprägte Auffassung vom Reden Gottes hat, wird er bei dieser Einheit nicht dabei sein können. Schwierigere Auslegungsfragen wie z.B. nach der Kopfbedeckung der Frau oder den genauen Endzeitabläufen hindern diese Einheit hingegen nicht.
Um auf die Frage genauer zurückzukommen: Das Wort Irrlehre müsste ebenfalls definiert werden. Man sollte es so verstehen, dass nicht jeder Irrtum eine Irrlehre ist, sondern nur das, was geistlich und heilsmäßig auf Irrwege führt – also ins Verderben oder auch in die Sektiererei. Die Schrift lehrt klar, wie wir mit Sektierern umgehen sollen, also mit solchen, die ihre speziellen Ansichten zum Kennzeichen einer neuen Gruppe machen und damit “missionieren”.

5. Was beschäftigt dich momentan persönlich am meisten?

Momentan bin ich an einem Buchprojekt beschäftigt, das ich aber noch nicht öffentlich nennen möchte. Außerdem die Übersetzung und Bearbeitung des Buches “The Temple and the Church’s Mission” von Gregory Beale.

6. Was muss ein Mensch glauben um errettet zu werden? (Natürlich an Christus was muss der Inhalt sein)

Kurz das, was Thomas in Johannes 20,28 bekannte: Jesus Christus ist “mein Herr und mein Gott”. Also Christus ist der Inhalt, aber es muss a) lehrmäßig der richtige Christus sein, nämlich der der Schrift (nicht z.B. der abgebildete des Katholizismus oder der Visionen und Träume von Mystikern und Charismatikern), der für Sünder am Kreuz gestorben und auferstanden ist (1Kor 15,3-4)  und b) muss persönlich geglaubt werden im Sinne von hoffen, vertrauen, lieben und (an) erkennen, dass man selbst ein ebensolcher Sünder ist und Christus Gott und durch seine Erlösungstat Herr über das eigene Leben ist. Da echter Glaube eine Gabe von Gott ist, ist es unausweichlich, dass ein zunächst elementarer Glaube heranreift und sich als echt erweist oder nicht.

 

7. Glauben Muslime an den gleichen Gott und haben nur ein falsches Gottesbild? (da es ja nur einen Schöpfer gibt und sie ja auch den meinen?)

Nein, sie glauben an einen Gott, der keinen Sohn hat. Sie glauben nicht an den Sohn.

Eine Antwort

  1. Dagmar Peissl sagt:

    Ich kann mich diesem Beitrag nur anschließen.

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