Ist die Bibel für den Gemeindealltag relevant ? (Teil 1)
Wenn die Heilige Schrift Autorität hat, ist sie dann auch für den Gemeindealltag relevant? Oder ist dieses Dogma nur ein theologisches Konzept, welches uns als Erbe der Kirchenväter und Reformatoren geblieben ist? Im Folgenden eine kurze Reflexion über diese Fragestellung.
Zuerst die Frage nach dem „Warum ist sie es oft nicht?“. (In den nächsten Tagen folgt ein Beitrag zur Frage „Warum muss sie es sein?“.)
1. Warum ist die Heilige Schrift oft nicht die Praxis-bestimmende Autorität?
Bibelgläubige Theologen betonen wohl kaum etwas mehr als das Wesensmerkmal der „Autorität der Schrift“. Ich glaube, zu Recht. Wenn sie (die Heilige Schrift) die unfehlbare, allgemeingültige und unveränderbare Offenbarung Gottes an Menschen ist, was sonst soll sie sein, als autoritär? Wenn der allmächtige Schöpfer des Himmels und der Erde, der Ewige, sich in Zeit und Raum in begrenzten Worten den Menschen mitgeteilt hat, was sonst sollen diese Worte sein, als autoritär? Wenn der Glaube aus der Predigt und die Predigt aus dem Wort Gottes kommt (Röm 10,17), was sonst soll dieses Wort sein, als höchste Autorität in allen Fragen? Wenn alle Schrift von Gott eingegeben (gr. theo-pneustos = Gott-gehaucht, Gott-geatmet) und nützlich dazu, dass jeder Mensch vollkommen sei, und zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet (2 Tim 3,16f), was sonst soll diese Schrift sein, wenn nicht die Autorität?
Die Frage, ob diese Wahrheit auch für die Gemeindepraxis von Relevanz ist, sollte erst gar nicht gestellt werden müssen. Wenn die Tiefe und Bedeutung dessen erst mal verinnerlicht wurde, sollte das jeden Zweifel ausräumen. Die Realität, sowohl auf Basis der Kirchengeschichte, als auch auf den Zustand der Kirchen heute, zeigt jedoch ein völlig anderes Bild. Die Frage muss gestellt und beantwortet werden. Warum? Dafür gibt es gewiss mehrere Gründe. An der Stelle seien nur jene zwei erwähnt, die meiner Ansicht nach am Stärksten sind:
1.1 Das rebellische Besserwissen
Auch das Kind Gottes, das die Sünde und damit sich selbst (immer wieder) mehr liebt, als den Willen des Schöpfers, sehnt sich danach das zu tun was es selbst für gut hält, statt dem zu gehorchen, der das Gute gut sein lässt. Kurz gesagt, ein Grund warum Gemeinden praktisch oft nicht unter der Autorität des Wortes Gottes leben, ist, weil sie Gemeinden voller Sünder sind. Ich, als Teil davon, bin ein Sünder, der manchmal theoretisch, und noch öfter praktisch bezeugt, dass er es selbst besser weiß, als der Allwissende. Machen wir uns nichts vor, der Gemeindealltag wird oft regiert von dem Willen der Schafe, nicht des Hirten. Warum? Weil wir Sünder sind.
1.2 Die Sucht nach Selbstdarstellung und Ehre
Ein anderer Grund, den ich zu beobachten meine, ist der, dass Menschen als Sünder gern selbst Ehre bekommen. Ehre bekommt jemand, wenn er oder sie etwas gut kann oder gut gemacht hat. Im Falle der Gemeindearbeit ist es ehrbar, wenn die Gemeinde in Zahlen und Äußerlichkeiten wächst. Dahinter stehen immer Menschen, die eine Idee und die Energie eingebracht haben, das umzusetzen. Das heißt es geht oft mehr um die Frage „Funktioniert dies oder jenes?“, statt darum ob „Ob es Gott-gemäß ist oder nicht?“. Man könnte es Pragmatismus nennen. Pragmatismus, der darauf abziehlt ein konkretes (menschliches) Ziel zu erreichen, und sich dabei an Erfahrungen und dem eigenen Gutdünken orientiert. Das Ziel mag dann oft das Wachstum sein (geistlich verpackt in dem Wunsch, dass Verlorene gerettet werden), die Frage bleibt am Ende, wer dafür die Ehre bekommt. Ganz praktisch. Wenn wir unser Herz durchleuchten lassen, bei den Worten Jesu in Joh 7,18:”Wer aus sich selbst redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm.”
- Möge Gott uns gnädig sein, und unsere Herzen davor bewahren Seine Gemeinde zu unserer Bühne und unserem Spielplatz zu machen.
- Möge Gott unser Land mit Frauen und Männern segnen, die vom Evangelium ergriffen sind und über allem anderen Seine Ehre suchen.
Der Sündlose erkaufte die Sünder, um durch Sünder sich selbst, dem Sündlosen, Ehre zu geben => Die Essenz der Gemeinde. Halleluja! Kein Plan von Menschen, sondern von Gott selbst – offenbart in Seinem Wort!