Biblische Theologie – Eine kleine Einführung
Ist die Bibel lediglich ein Buch von Zitaten und unterschiedlichen Glaubensauffassungen (Glaubenszeugnissen), die von menschlichen Autoren zusammengestellt wurden? Oder ist die Bibel eine Anthologie–eine “Sammlung ausgewählter Texte oder Textauszüge in Buchform”–der bedeutendsten literarischen Werke, die in der Geschichte Israels und der frühen Christenheit entstanden sind? Oder ist die Bibel das Werk eines großen Autors–nämlich das Werk GOTTES? Für welche dieser drei Optionen wir uns entscheiden hat Auswirkungen darauf, wie wir die Bibel lesen, auslegen und auf unseren Glaubens- und Gemeindealltag anwenden.
Denn, wenn Gott als ihr Autor die Bibel als ein großes Werk geschrieben hat (und die biblischen Indizien dafür sind eindeutig: vgl. 2. Tim. 3, 16; 1. Pet. 1, 10-12), dann können wir davon ausgehen, dass Gott auch ein großes zusammenhängendes Thema in diesem Seinem Buch verfolgt–wie wir das auch bei jedem anderen Buch, das wir lesen, erwarten würden. Aber was verbindet das Alte Testament mit dem Neuen? Eine “Biblische Theologie”, die die gesamte Heilige Schrift als Einheit begreift, beleuchtet das Verhältnis der beiden Testamente und stellt das verbindende Kernthema heraus: Jesus Christus.
Biblische Theologie, die zeigt, dass die ganze Schrift auf Jesus hinweist, hat in den vergangenen Jahren großes theologisches Interesse gefunden. So veranstaltete Evangelium21 z.B. 2013 eine ganze Konferenz zu diesem Thema. In Vorbereitung auf die Konferenz wurde Christian Wegert, der Pastor der Arche-Gemeinde in Hamburg und einem der Mitorganisatoren dieser Konferenz, damals interviewt. In dem Interview erklärte er aus eigener Erfahrung die große Rolle, die die Biblische Theologie für das Gemeindeleben spielt, wie folgt:
Da ist zum einen die Kanzel. Es ist ganz entscheidend, wie der Prediger an die Texte der Heiligen Schrift herangeht. Mit dem Werkzeug der biblischen Theologie untersuchen wir, wo sich genau der Text in der Heilsgeschichte einreiht. Wir stellen die Frage: Was drückt der Abschnitt im Lichte des Werkes Jesu Christi am Kreuz aus? Michael Lawrence, der ja auch einer der Hauptredner der Konferenz ist, hat in seinem Buch „Biblische Theologie für die Gemeinde“ Folgendes geschrieben: „Wenn uns erst einmal klar geworden ist, wo unser Text heilsgeschichtlich steht, dann sind wir in der Lage, dessen Thema die ganze Bibel hindurch zu verfolgen. Dies führt uns dazu, dass wir nun über unseren Text als das lehren oder predigen können, was er wirklich ist: Keine einzelne Perle an einer Kette, ohne jede Beziehung zum Rest, sondern als Ausschnitt eines Wandteppichs, der unauflösbar und organisch mit dem Ganzen verbunden ist“ (Michale Lawrence, Biblische Theologie für die Gemeinde, Bethanien Verlag, S. 230).
Neben der Predigt wird die Biblische Theologie auch viele andere Bereiche der Gemeinde prägen. Denken wir zum Beispiel an den Kindergottesdienst. Vielfach wird aus dem biblischen Bericht von David und Goliath eine ethische Predigt für Kinder abgeleitet. Der Mut und die Unerschrockenheit Davids werden hervorgehoben. Den Kindern wird gern gesagt, dass auch sie die Probleme in ihrem Leben besiegen können, wenn sie nur so mutig und tapfer wie David seien. Die Kleinen hören dies und gehen mit gestärktem Selbstbewusstsein nach Hause. Wenn es aber wahr ist, was Jesus den Emmaus-Jüngern sagte, dann müssen wir die Frage stellen: Wo ist in der Geschichte ein Hinweis auf Jesus zu finden? Wir sind doch vielmehr die verzagten Israeliten, die es ablehnten ihrem Gott zu vertrauen. Obwohl Er sie in der Vergangenheit mehrfach aus Todesnot befreit hatte, meinten sie diesmal, die Übermacht der Philister sei zu groß. Daher waren sie vor Furcht gelähmt. Aber Gott brachte ihnen einen Retter. Obwohl sie nach einem Kämpfer mit einem großen Schwert Ausschau hielten, sandte Er ihnen einen einfachen Hirtenjungen, der nur mit einer Schleuder und fünf kleinen Steinen bewaffnet war. Weil auch unser Leben von Unglauben und mangelndem Gottvertrauen gekennzeichnet ist, benötigen wir ebenfalls einen Retter der für uns den Riesen unserer Sünde vernichtet. Auch wenn wir uns noch so sehr anstrengen, wie David zu sein, werden wir es niemals schaffen, uns aus den Klauen des Feindes zu befreien. David ist die Verheißung auf unseren großen Retter Jesus Christus. Er kam wie David, nicht mit einem Schwert, sondern als ein Hirte. Er gab sein Leben, um unseren größten feindlichen Riesen, die Sünde und den Tod zu besiegen. Das ist das Evangelium schon in alttestamentlichen Texten. Dies müssen auch die Kindern hören.
Dieses Interview wurde ursprünglich auf dem Blog von Evangelium21 geposted. Der Rest des Interviews kann hier nachgelesen werden.
Die grundsätzliche Haltung diese Aspekte in die Reflexion der Stellen einfließen zu lassen, erscheint mir gut.
An der schweren Not zur Systematisierung und der implizierten Hoheit dieses Ansatzes stoß ich mich sehr.
Danke. Der Ansatz ist ja eigentlich gerade nicht hoheitlich ein System an die Bibel heran zu tragen sondern die ganze Bibel sprechen zu lassen. mfG